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27.12.2009

Irans Regime geht massiv gegen Demonstranten vor
Rauchwolken, Tränengas und Schlagstöcke: Die schwersten Krawalle seit Präsident Ahmadinedschads Wiederwahl haben die iranische Hauptstadt Teheran lahmgelegt. Mehrere Demonstranten wurden getötet - darunter ein Neffe von Oppositionsführer Mussawi. Die Polizei nahm Hunderte Menschen fest.

Teheran - Gegner des erzkonservativen Präsidenten Mahmud Ahmadinedschad und Sicherheitskräfte haben sich am Sonntag heftige Straßenschlachten geliefert. Erstmals seit den Protesten im Juni gab es dabei auch Tote. Das staatliche Fernsehen bestätigte am Abend den Tod mehrerer Menschen am Rande der Krawalle, ging aber nicht näher auf Opferzahlen ein. Mehr als 300 Demonstranten seien festgenommen worden, berichtete das Staatsfernsehen weiter.
Mit Sprechchören wie "Tod dem Diktator" waren bereits am Morgen mehrere Tausend Regierungskritiker auf die Straße gegangen. Auf der Enghelab-Achse in Teheran gaben die staatlichen Einsatzkräfte zunächst Warnschüsse in die Luft ab, später gingen sie mit Tränengas und Schlagstöcken gegen die Menschenmenge vor. Schließlich hätten sie direkt auf Demonstranten geschossen, berichteten Augenzeugen und die dem Reformlager nahestehende Website Rahesabs.
Regierungsgegner sprachen von mindestens acht Todesopfern in Teheran und der nordwestlichen Stadt Tabris. Gewaltsame Zwischenfälle bei Demonstrationen wurden auch aus den Städten Isfahan, Schiras und Nadschafabad gemeldet.
Unter den Toten sei auch ein Neffe von Oppositionsführer Hossein Mussawi, hieß es auf Rahesabs. Ali Mussawi sei im Krankenhaus seinen Schusswunden erlegen, erklärte ein Berater von dessen Onkel auf der Internetseite Kaleme.
Rauchwolken über der Stadt
Die Teheraner Polizei nannte am Abend erstmals die Zahl von fünf Todesopfern, dementierte aber den Einsatz von Schusswaffen. Der stellvertretende Polizeichef von Teheran, Ahmed Resa Radan, sagte im Staatsfernsehen, nur eines der Todesopfer sei durch eine Kugel gestorben. "Da die Polizei keine Schusswaffen benutzt, ist das verdächtig und wird untersucht", fügte Radan hinzu. Bei den anderen Todesfällen habe es sich um Unfälle gehandelt.
Oppositionelle verteilten Fotos, auf denen Leichname und Schwerverletzte zu sehen waren. In einem Amateurvideo war zudem zu erkennen, wie eines der Todesopfer, ein älterer Mann mit blutüberströmten Gesicht, von Oppositionsanhängern weggetragen wurde. Aufgebrachte Demonstranten riefen: "Ich werde die Täter umbringen, die meinen Bruder getötet haben." Sie warfen Steine auf die Einsatzkräfte und setzten Dutzende Motorräder in Brand, wie sie von den Bassidsch-Milizionären eingesetzt werden.
Ausländischen Journalisten war es verwehrt, über die Kundgebung zu berichten. Wie bei früheren Protesten wurde das Mobilfunknetz abgeschaltet, Internetleitungen waren auf eine minimale Bandbreite gedrosselt. Deutlich sichtbar war jedoch, dass über dem Zentrum von Teheran zeitweise schwarze Rauchwolken aufstiegen. Sirenen von Rettungswagen waren zu hören, Polizeihubschrauber kreisten über den Straßen.
USA verurteilen Gewalt gegen Demonstranten
Das Weiße Haus kritisierte die neuerlichen Proteste in Iran scharf. In einer Mitteilung verurteilte die US-Regierung die "gewalttätige und ungerechte Unterdrückung" der Demonstranten. Das französische Außenministerium rief zu einer politischen Lösung der wachsenden Krise in dem Land auf.
Anhänger der Reformbewegung hatten die Trauerfeier für den verstorbenen Großajatollah Hossein Ali Montaseri für Proteste gegen die Regierung genutzt. Die iranische Führung hatte am Vormittag noch versucht, Protestkundgebungen im Keim zu ersticken. An zahlreichen Knotenpunkten der Hauptstadt waren deshalb Einheiten der Sicherheitskräfte aufmarschiert.
Laut Augenzeugen beteiligten sich Tausende von Iranern an den jüngsten Protestzügen gegen Ahmadinedschad. Sie wurden von Zehntausenden Autofahrern unterstützt, die mit Hupkonzerten ihre Sympathie mit den Demonstranten bekundeten. Im Verlauf der Protestkundgebungen im Zentrum und im Westen Teherans seien zahlreiche Polizeimotorräder in Brand gesetzt worden, hieß es.
Bereits am Samstag war es zu Protesten gegen Ahmadinedschad gekommen. Dabei habe es immer wieder Zusammenstöße mit Sicherheitskräften gegeben, meldeten Internetseiten der Opposition. Die Polizei habe Tränengas eingesetzt und in die Luft geschossen, um die Kundgebungen aufzulösen.
Rund 50 regierungstreue Aktivisten hatten am Vortag eine Rede des populären früheren Präsidenten Mohammed Chatami gestört. Wie die reformerische Website Salaam News berichtete, wurden einige der Zuhörer geschlagen, mehrere Menschen seien verletzt worden. Die Angreifer hätten dem obersten geistlichen Führer Ajatollah Ali Chamenei in Parolen ihre Unterstützung bekundet.
Die Opposition wirft dem Präsidenten Wahlbetrug vor. Nach der Wahl im Juni hatte es tagelange Proteste gegen den Ausgang der Abstimmung gegeben. Hunderte Regimekritiker wurden seinerzeit festgenommen. Die junge Iranerin Neda Agha-Soltan starb damals von einer Kugel getroffen und wurde über Nacht zum Symbol des Protestes.
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