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Teheran weist internationale Kritik an Prozessen zurück


Teheran - Im Iran hat Oppositionsführer Mehdi Karroubi schwere Misshandlungen regierungskritischer Demonstranten angeprangert. Junge Frauen und Männer seien im Gefängnis vergewaltigt worden, schrieb der unterlegene Präsidentschaftskandidat in einem am Montag bekanntgewordenen Brief. Nach internationalen Protesten gegen die Prozesse gegen Demonstranten wies Teheran eine "Einmischung" in seine inneren Angelegenheiten zurück.

Einige der im Juni bei den Protesten gegen die Wiederwahl von Präsident Mahmoud Ahmadinejad festgenommenen Demonstranten seien in der Haft brutal misshandelt und vergewaltigt worden, schrieb Karroubi in einem Brief an den einflussreichen Ex-Präsidenten Akbar Hashemi Rafsanjani. Die Betroffen litten seit den Übergriffen unter Depressionen und schweren körperlichen und seelischen Problemen. Der Brief ist bereits auf den 29. Juli datiert. Karroubi zögerte die Veröffentlichung jedoch bis jetzt hinaus, um eine Antwort abzuwarten.

"Gefangene haben erklärt, dass einige weibliche Häftlinge so schwer vergewaltigt wurden, dass ihre Genitalien verletzt wurden. Andere haben grausam junge Männer vergewaltigt", schrieb Karroubi. Der Reformer unterlag bei der Präsidentschaftswahl vom 12. Juni laut offiziellem Ergebnis Amtsinhaber Ahmadinejad - genauso wie Oppositionsführer Mir Hussein Moussavi, der auf den zweiten Platz gekommen war.

Polizeichef räumt Misshandlungen ein

Damit halten die Vorwürfe schweren Missbrauchs von Häftlingen, die bei den Protesten nach der Wahl festgenommen worden waren, weiter an. Der iranische Polizeichef General Ismail Ahmadi Moghaddam hatte am Sonntag erstmals die Misshandlung von inhaftierten Demonstranten eingeräumt. Er bestritt aber, dass Gefangene zu Tode gefoltert worden seien. Todesfälle unter den Häftlingen seien auf eine Viruserkrankung zurückzuführen, sagte er. Der iranische Generalstaatsanwalt Ghorban-Ali Dorri-Najafabadi bestätigte die Missbrauchsvorwürfe ebenfalls.

Im Gefängnis Kahrizak sollen nach Angaben der Opposition zahlreiche inhaftierte Demonstranten gefoltert worden sein. Ein Entlassener berichtete kürzlich von sechs Mitgefangenen, die dabei ums Leben gekommen seien. Kahrizak wurde Ende Juli auf Anordnung von Revolutionsführer Ali Khamenei hin geschlossen, der Gefängnisleiter und drei Wachleute wurden festgenommen.

30 Tote, 200 Verletzte

Bei den Protesten gegen die umstrittenen Präsidentenwahl mit mindestens 30 Toten waren rund 2000 Oppositionelle festgenommen worden. Derzeit müssen sich gut hundert Demonstranten vor Gericht verantworten, darunter auch eine Französin sowie iranische Angestellte der britischen und französischen Botschaft. Westliche Regierungsvertreter kritisierten die Gerichtsverfahren als "Schauprozesse".

Der Sprecher des iranischen Außenministeriums, Hassan Ghashghavi, wies die westliche Kritik zurück. "Wir werden uns gegen jede Einmischung entschieden wehren", sagte Ghashghavi am Montag laut einem Bericht der amtlichen Nachrichtenagentur IRNA. Der Prozess verlaufe im Einklang mit "internationalem Recht", die Reaktionen des Westen seines "illegal und verwunderlich".

Frankreich verlangt Freilassung von Reiss

Die französische Regierung verlangte dessen ungeachtet erneut die Freilassung der Universitätsdozentin Clotilde Reiss. Staatschef Nicolas Sarkozy setze sich mehr als je zuvor für die Freilassung der Französin aus iranischer Haft ein, erklärte sein Büro. Der Präsident, der seit zehn Tagen in Südfrankreich im Urlaub ist, verfolge die Entwicklung des Falles "äußerst aufmerksam".

Frankreichs Außenminister Bernard Kouchner wiederholte, dass die Vorwürfe der iranischen Führung gegen Reiss haltlos seien. Die 24-Jährige hatte laut iranischen Angaben am Samstag vor dem Revolutionsgericht in Teheran zugegeben, einen Bericht über die Proteste gegen die umstrittene Präsidentenwahl verfasst und sich an Demonstrationen beteiligt zu haben. Laut Kouchner wurde sie "wahrscheinlich" zu dem Geständnis gedrängt.

Reiss war am 1. Juli verhaftet worden. Sie wurde zunächst der Spionage angeklagt, weil sie die Proteste mit ihrem Mobiltelefon fotografiert und die Bilder ins Ausland versendet haben soll. Teheran wirft ihr zudem vor, zu den Protesten nach der Wahl angestachelt zu haben. Außenamtssprecher Ghashghavi sagte, die Französin habe bei den Protesten Fotos und Filmaufnahmen gemacht. Mit ihrer Lehrtätigkeit im Iran habe das nichts zu tun. "Wollte sie den Demonstranten Französisch beibringen?", fragte der Sprecher des Außenministeriums.

Paris bestätigte unterdessen, dass die französische Botschaft in Teheran im Juni die Anweisung hatte, hilfesuchende Demonstranten aufzunehmen. Eine entsprechende Aussage der angeklagten Botschaftsmitarbeiterin Nazak Afshar sei richtig, sagte Kouchner der Zeitung "Le Parisien/Aujourd'hui en France".

Der Iran vermutet einen Zusammenhang zwischen dem Grenzübertritt von drei US-Bürgern und den gewaltsamen Protesten nach der Präsidentenwahl. Vor dem Hintergrund der Unruhen könne es könne kein Zufall gewesen sein, dass die US-Bürger vom Irak aus in den Iran eindringen wollten, sagte der ranghohe Parlamentsabgeordnete Mohammad Karamirad am Montag einer Meldung der Agentur IRNA zufolge. "Welches Ziel verfolgten sie im Iran? Warum beantragten sie keine Einreiseerlaubnis für den Iran?", erklärte Karamirad, der auch Mitglied im Parlamentsausschuss für Außenpolitik und Nationale Sicherheit ist.

Die drei US-Bürger waren Ende Juli bei einer Wanderung im irakisch-iranischen Grenzgebiet festgenommen worden. Die USA haben vom Iran die Freilassung der drei Amerikaner gefordert. Es handle sich um unschuldige junge Leute. (APA/AP/AFP/Reuters/dpa)

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