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Die Intendanten von SWR und ZDF empfangen den Chef der staatlichen iranischen Rundfunkanstalt – und werden kritisiertNormalerweise gilt der iranische Fernsehchef Ezatollah Zarghami nicht unbedingt als jemand, den man in einer öffentlich-rechtlichen Anstalt Deutschlands herzlich zu sehen wünscht. Zarghami ist Mitglied der Revolutionsgarden. Er gilt im Iran als Beherrscher der staatlichen Propaganda, die viele Mittel kennt, um Informationen zu unterdrücken – etwa über die iranische Opposition – und ein regierungsfreundliches Bild zu zeichnen.Dass er nun in einer Woche gleich von zwei deutschen Intendanten empfangen wurde, sorgt, vorsichtig gesagt, auch für Verwunderung. So war Zarghami am Dienstag in Stuttgart Gast von SWR-Chef Peter Boudgoust und durfte sich am Mittwoch in Mainz von ZDF-Boss Markus Schächter begrüßen und bewirten lassen. Es sei eine gute Gelegenheit gewesen, mit denTop-Managern der Sender zu sprechen und sich mit ihren medialen Aktivitäten vertraut zu machen, sagte Zarghami nachher dem iranischen Propagandakanal Press TV. Die deutschen Anstalten hätten ihr Interesse an einer Zusammenarbeit im News-Bereich bekundet, verkündete er.Von solchen Bekundungen will man bei den Sendern naturgemäß nichts wissen. Im Wesentlichen seien die Veränderungen im Bereich der Fernsehproduktionstechnik durch die fortschreitende Digitalisierung Thema gewesen, sagt ZDF-Sprecher Alexander Stock. Auch die von iranischer Seite verbreitete Darstellung, das ZDF habe die Delegation (zu der in Mainz auch der iranische Botschafter in Deutschland und der Frankfurter Generalkonsul gehörten) eingeladen, liest sich nur aus einem Blickwinkel spektakulär. ‘Das iranische Fernsehen wollte das ZDF-Nachrichtenstudio besichtigen – wir haben die Delegation dazu, wiezuvor bereits zahlreiche andere Besuchergruppen aus aller Welt, eingeladen’, sagt Stock. Den Vorwurf, das ZDF mache einen wie Zarghami mit einem Empfang hoffähig, will man in Mainz nicht auf sich sitzen lassen. ‘Wir werten niemanden auf’, sagt Stock. Man unterhalte seit vielen Jahrzehnten Kontakte zu Sendern, früher zu solchen in der Sowjetunion, heute auch zu China und zur Mongolei.Natürlich mag bei so einem Treffen eine Rolle spielen, dass das ZDF in Teheran gerne wieder ein Korrespondentenstudio eröffnen würde. Darüber sei nicht geredet worden, sagt Stock, der die Gespräche als ‘professionell, freundlich, interessiert’ klassifiziert. Genau so oder ähnlich wird sich von 11. August an sicher auch der neue Regierungssprecher Steffen Seibert äußern, wenn er heikle Themen in der Bundespressekonferenz verkaufen muss. Seibert war bisher sein ganzes Berufsleben beim ZDF.‘Wir begrüßen Versuche, Voraussetzungen für eine unabhängige Berichterstattung aus dem Iran herzustellen. Wir finden jedoch, dass der Empfang des wichtigsten Repräsentanten des iranischen staatlichen Rundfunks der falsche Weg ist’, sagt Christian Rickerts von der Organisation Reporter Ohne Grenzen (ROG). ‘Ein Instrument der Propaganda, Manipulation und Repression ersten Ranges’ nennt er den staatlichen iranischen Rundfunk und macht ARD und ZDF Vorwürfe. ‘Nach einem Jahr massiver Zensur und Verfolgung im Iran geht von den Treffen ein falsches Signal an die Opfer staatlicher Repression aus.’Für einigen Wirbel in Holland hat in der vergangenen Woche schon die Ankündigung gesorgt, Zarghami werde auch dort Sender besuchen. Nachdem es aber zu Protesten vor allem in einschlägigen Blogs kam, sei der Besuch von der iranischen Delegation abgesagt worden. Angeblich aus organisatorischen Gründen.In Stuttgart klappte alles. SWR Intendant Peter Boudgoust empfing Zarghamis Reisegruppe vergangenen Dienstag im Funkhaus ‘in einer sachlichen Atmosphäre’. Anwesend war dort auch Faramarz Ghazi, der ehemalige Büroleiter des ARD-Studios (TV) in Teheran. Die iranische Delegation sei sehr an den technischen Standards und an den Produktionsbedingungen interessiert gewesen und durch den SWR-Hörfunk geführt worden, berichtet SWR-Sprecherin Ariane Pfisterer. Zudem habe der SWR die Delegation informiert, dass er seine unabhängige Berichterstattung aus dem Iran stärken möchte. SWR-Intendant PeterBoudgoust habe bei dem Termin daher sehr klar die Bedeutung der Pressefreiheit, die Staatsunabhängigkeit des Rundfunks sowie die Bedeutung eines staatsfernen Rundfunks für die Demokratie herausgestellt und das Interesse an einer freien Berichterstattung bekundet.Der Kritik an dem Treffen begegnet man beim SWR mit einem Blick ins Aufgabenheft und dem Wunsch nach Präsenz vor Ort. ‘Es ist unsere journalistische Pflicht, aus und über Staaten jeglicher politischer Couleur zu berichten. Unser Interesse ist es daher, auch die unabhängige, freie Berichterstattung aus dem Iran zu gewährleisten’, sagt Pfisterer. Das wäre dann mal ein öffentlich-rechtlicher Beitrag, die unabhängige Berichterstattungaus dem Iran.ROLAND WINTERQuelle: Süddeutsche ZeitungNr.158, Dienstag, den 13. Juli 2010 , Seite

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